Discordance: Wenn Le Commandant Couche-Tôt Genregrenzen einfach ignoriert
Le Commandant Couche-Tôt ist längst einer dieser Namen, bei dem man kurz innehält, sich an das letzte Kopfnicken erinnert und dann ganz automatisch auf Play drückt. Nahezu vor einem Jahr habe ich das neue Werk schon angekündigt, jetzt schreib mir Antony es sei fertig. Ja, aber sowas von. Die neue EP „Discordance“ macht da weiter, wo seine letzten Releases aufgehört haben, nur eben anders. Anders, im besten Sinne. Kein klassischer French Disco, kein Retro-Filter-Overkill, sondern ein durchdachter Mix, der den Hörer nicht bedient, sondern herausfordert. Keine Scheibe für nebenbei.
Schon der erste Track „Prelude“ macht klar, wohin die Reise geht oder eher: dass sie nicht auf direktem Weg verläuft. Statt GPS gibt es hier psychedelische Gitarren, Morricone-Anleihen und Aron Hentschel, der sich hörbar austobt. Kein Easy Listening, aber auch kein verkopftes Kunstprojekt. Es lebt, atmet, schreit, manchmal im Wortsinn. Und dann geht’s weiter in „Maja/Butterflies“, das klingt wie der Score eines verlorenen Anime-Tapes aus den Neunzigern. Erst schwebt es, dann bricht es auf, mit Jazz-Breaks, die dich kurz aus dem Takt bringen, bevor du wieder im Groove landest. Das ist fordernd schön.
Anthony Malka, der Mann hinter dem Projekt, hat ein Händchen dafür, scheinbar unvereinbare Welten ineinander zu schieben, als wäre es das Natürlichste der Welt.
Future Funk tanzt mit HipHop, Acid Jazz grinst dir aus dem Hintergrund zu und plötzlich ist da wieder dieser French-Touch, den er ganz nonchalant zwischen zwei Beats platziert, ohne ihn je auszureizen. Die Features sind dabei mehr als nur hübsches Beiwerk. Christoph Holzhauser bringt auf „Lovid-19“ (kleines Wortspiel) die Drums ins Rollen, Sebastian Giecks Bass auf „Metropolis“ zeichnet die nächtliche Stadt in grelle Neonfarben. Man hört, wo die Tracks entstanden sind, und zwar in Berlin (Anthonys Wahlheimat), Lissabon, Ammersee und jeder Ort hinterlässt Spuren, klingt durch und verleiht den Songs diesen roughen, greifbaren Charakter. Es hat was von DIY im besten Sinne, also keine sterile Hochglanzproduktion, sondern Ecken, Kanten, Seele und Zwischentöne.
„Voyage“ ist vielleicht der heimliche Fixpunkt der EP. Ein Track, der dich abholt, egal wo du gerade bist und dich funky treibt. Irgendwo zwischen Club, Küchenparty und Kopfhörer-Film läuft er los und nimmt dich einfach mit. „Mirage“ dagegen ist eine Fata Morgana in Slow Motion, mit Marta Freitas Stimme als Echo durch staubige Wüsten. Und wer bis zum letzten Track „Amour Fou“ durchdringt, wird mit einem Piano belohnt, das zwischen Marvin Gaye und melancholischem Bedroom Pop changiert. Kein Schmalz, sondern Gefühl auf Augenhöhe. Damit kann man dann auch gut einschlafen.
Dass Le Commandant Couche-Tôt die Platte Ahmad Jamal , Ivan „Mamão“ Conti und João Donato widmet, passt ins Gesamtbild. Ein stiller Gruß an die Großen, die ihn geprägt haben und gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass „Discordance“ zwar eine EP ist, aber auch ein musikalischer Dialog. Zwischen Zeiten, Genres, Welten. Es bleibt ein Soundtrack für jene, die genau hinhören wollen, also für uns, die Menschen mit offenen Ohren, für Leute, die Musik noch entdecken wollen, statt nur zu konsumieren.
Dass Le Commandant Couche-Tôt die Platte Ahmad Jamal , Ivan „Mamão“ Conti und João Donato widmet, passt ins Gesamtbild. Ein stiller Gruß an die Großen, die ihn geprägt haben und gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass „Discordance“ zwar eine EP ist, aber auch ein musikalischer Dialog. Zwischen Zeiten, Genres, Welten. Es bleibt ein Soundtrack für jene, die genau hinhören wollen, also für uns, die Menschen mit offenen Ohren, für Leute, die Musik noch entdecken wollen, statt nur zu konsumieren.
Hier geht es daher um bewusstes Zuhören und daher ist es diesmal keine Homeoffice-Musik, auch wenn das natürlich sicherlich funktioniert. Ich plädiere aber für genaues Zuhören, denn wie immer ist man auf einer kleinen akustischen Abenteuerreise mit dem Kapitän unterwegs, der Klangwelten erkundet. Wer Malkas Musik gerade erst entdeckt, der muss sich definitiv seine vorherigen Werke zu Gemüte führen, welche es auch auf Vinyl gibt.
Wer Couche-Tôt also zum ersten Mal hört, wird verstehen, warum ich im Atomlabor immer wieder gerne über diesen Künstler schreibe. Eine EP, die nicht gefallen will, sondern einfach überzeugt.
Danke Anthony, du bist groß.