EINE ORGASTISCHE ZEITREISE DURCH DIE EROTISCHEN KLANGWELTEN DER 70ER UND 80ER
Nach Jahren des geduldigen Wartens ist es nun so weit, Drixxxés legendäre Sextape-Mixtapes, die zwischen 2013 und 2018 heimlich die Musiksammler-Herzen im Underground eroberten, erscheinen endlich auf Vinyl. Hier im Blog hatten wir sie ja bekanntlich alle. Vol.1 gilt seit gut 2 jahren leider als verschollen im Netz. Fakt, es ist ein Fest für Rare-Groove-Freaks und eine Einladung an alle, die Soul, Funk und schlüpfrig schönen Jazz zu schätzen wissen. Was ursprünglich mit einer Vorliebe für verrucht illustrierte Soundtrackhüllen aus dem Erotik-Kino begann, wurde für den Franzosen Drixxxé schnell zur Schatzsuche mit Tiefgang. Der ehemalige Triptik-Beatmaker entdeckte unter den schamlos kitschigen Covern echte musikalische Perlen – Zeugnisse einer Ära, in der sich Komponisten noch etwas trauten. Der Auslöser war ein augenzwinkernder Insta-Post mit einer Kassette namens „Autant en emporte le gland“ – der Rest ist Geschichte und Drixxxé wurde quasi zum Kurator.Diese Mixtapes sind wirklich kein ironischer Trash. Sie sind ein Statement. Eine Verneigung vor einer Zeit, in der Musik aus Erwachsenenfilmen ernsthaft komponiert wurde. Namen wie Ennio Morricone, Serge Gainsbourg oder Piero Umiliani finden sich in diesem Genre wieder – in voller kreativer Freiheit und oft überraschend tiefgründig.
DRIXXXÉ
Mitte der 90er in der französischen Hip-Hop-Crew Triptik gestartet, etablierte sich Drixxxé rasant als einer der gefragtesten Beatmaker Frankreichs. Alben wie Microphonorama und TR-303 seiner Crew setzten Maßstäbe.
2012 hob er mit McLuvin ein experimentelles Projekt aus der Taufe – zwischen Retro-Charme und Future-Vibes, irgendwo zwischen VHS-Ästhetik und Synthesizer-Ekstase.
Sein Soloalbum NSFW (2020) ist wie ein cineastisches Klangmosaik – eine Collage aus 70er-Pop, Erik Satie und elektronischen Strömungen. Emotional, detailverliebt, unklassifizierbar.
2025 folgt das Comeback von Triptik – live auf Tour und mit einer dreiteiligen LP-Anthologie im Gepäck. 30 Jahre Beatgeschichte in einem Release gebündelt.
Fünf Mixtapes später war klar:
Hier ist nicht nur ein cooler Mix entstanden, sondern ein kulturelles Artefakt mit Seele. Die Sextape-Reihe wurde schnell zum Geheimtipp, verbreitete sich wie ein gut gehüteter Schatz über Mundpropaganda – bis sie schließlich auch in renommierten Magazinen auftauchte. Die musikalische Bandbreite reicht von Bernard Purdies „Touch Me Again“ bis zu Alan Tews „The Detectives“ und Morricones psychedelischem „La Lucertola“. Dazwischen wabert der Sound von Moogs, Rhodes-Pianos und handgemachten Grooves. Alles klingt, als wäre es direkt aus einem verstaubten 16mm-Streifen gefischt worden. Und genau das macht den Reiz aus: keine sterilen Beats, sondern sinnliche Vibrationen für sinnliche Vibration gedacht.Wer sich auf die Sextapes einlässt, landet mitten im Blaxploitation-Kino, gefühlt mit offenem Shirt im Lowrider durch L.A. cruisend. Es ist dieser rauchige, analoge Charme, der die Stücke so besonders macht. Nicht nur sexy – sondern auch verdammt musikalisch. Perfekt für laue Sommernächte, rote Lichtquellen und ein Glas zu viel. Im Auto durch die Dunkelheit deiner Stadt fahren und die Fenster herunterlassend, die Umgebung mit diesem Soundtrack beschallend – unbezahlbar.
Drixxxé versteht es dabei, aus Tracks echte Geschichten zu bauen. Kein Track steht für sich allein, alles fließt ineinander – mal smooth und sinnlich, dann wieder funky und verspielt. Hier wird kein Track verschwendet, jeder ist Teil eines Ganzen. Und jetzt kommt endlich der logische nächste Schritt, auf den ich lange gewartet habe: Vinyl. Eine fette Doppel-LP, die die Essenz der digitalen Volumes einfängt – kuratiert, verdichtet, auf den Punkt. Die Entscheidung wirkt wie eine Rückkehr zu dem Medium, für das diese Musik eigentlich gemacht wurde. Warm, satt, organisch. Groß.
Diese Edition ist auf jeden Fall ein Sammlerstück, aber auch pure Notwendigkeit. Wer auf Retro steht, wer handverlesene Musik schätzt, wird hier mehr als fündig. Das Teil sieht gut aus, klingt noch besser und riecht sogar ein bisschen nach Vergangenheit. Aber nicht nach Staub – sondern nach samtigem Plüsch. So gehört es sich.
Wie erwähnt, bin ich seit Jahren Fan. Habe alle Volumes auf dem Blog gefeiert, seit ich 2015 über die ersten drei gestolpert bin. Volume 4? Ein episches Ding. Volume 5? Pflicht. Selbst NSFW, Drixxxés Soloalbum, hat einen Ehrenplatz bei mir bekommen.