Industrial für Metropolis
„Metropolis“, das zeitlose expressionistische Meisterwerk von Fritz Lang, aus dem Jahr 1927, hat einen neuen Soundtrack erhalten.Der Film, welcher auf dem Roman „Metropolis“ von Thea von Harbou basiert, spielt in einer futuristischen Großstadt mit einer ausgeprägten Zweiklassengesellschaft und gilt daher als eines der bedeutendsten Werke der Filmgeschichte. Der dystopische Science-Fiction-Film beleuchtet auf eindrucksvolle Weise die faszinierende Verschmelzung von Mensch und Maschine. Er präsentiert uns eine Stadt, die sich als eine gewaltige Maschinerie begreift, in der die Bürger wie sorgsam abgestimmte Rädchen in einem komplexen Uhrwerk agieren, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu gewährleisten.
Dieses düstere Thema, das bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Gemüter bewegte, ist heute angesichts der rasanten Fortschritte im Bereich der künstlichen Intelligenz aktueller denn je. Wer sich ein wenig Zeit nimmt, wird meine Worte verstehen.
Der ewig neue Mensch, also eine Gesellschaft und Kultur, die sich ständig verändert und anpassen muss, wenn neue Ideen, Technologien und soziale Normen aufkommen, war schon vor fast 100 Jahren ein Thema. Der Stummfilm von Paul Wegener, der Horrorklassiker „Der Golem: Wie er in die Welt kam“, ist auch ein Beispiel dafür. Letztlich spiegelt er aus heutiger Sicht sicherlich auch eine Angst vor Veränderung und Technik wider, die damals aber als Gesellschaftsordnung in Anlehnung an das marxistische Bild des Kapitalismus dargestellt wurde und sich als Klassenkampf manifestierte. Statt durch Technisierung eine humanere und zivilisiertere Gesellschaft zu schaffen, mündet sie in Metropolis in Sklaverei.
Unglaublich, aber wahr, die Premiere des etwa zweieinhalbstündigen Films, am 10. Januar 1927, fiel bei Kritikern tatsächlich durch und hatte auch beim Publikum keinen Erfolg. Jetzt muss man natürlich im Hinterkopf haben, dass die Umsetzung zu einer politisch turbulente Zeit in Deutschland stattfand. Bereits am 25. August 1927 wurde daher eine auf knapp zwei Stunden verkürzte Version in Deutschland neu veröffentlicht. Etwa ein Viertel des Originals wurde anlässlich der Neufassung vernichtet. Vernichtet deshalb, weil das Filmmaterial damals ausschließlich aus Cellulosenitrat bestand, also höchst feuergefährlich war und daher sorgfältig entsorgt werden musste. So hat man nach einem Dreh das Material gänzlich entsorgt.
Seit 1961 wurden mehrfach Versuche unternommen, die Originalfassung wiederherzustellen. In der Rekonstruktion von 2001 vertraten Standbilder und Kommentartexte das noch immer fehlende Material. In dieser Form wurde der Film als erster ins Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen. Dank einer 2008 in Buenos Aires gefundenen Kopie gelang es, die früheren Lücken weitgehend zu füllen. Die restaurierte Fassung der Murnau-Stiftung feierte dann am 12. Februar 2010 ihre Premiere bei der Berlinale im Friedrichstadt-Palast und in der Alten Oper Frankfurt. Danach konnte man den Film wieder in den Kinos gucken.
Alter Wein in neuen Schläuchen oder neue Musik für einen alten Film.
Die Musik hat schon immer eine wichtige Rolle in der Filmkunst gespielt und tauscht man sie aus, entsteht teilweise ein gänzlich veränderter Blickwinkel auf die Werke. Der Musiker Tomer Baruch und der Schlagzeuger Alex Brajkovic haben sich der Herausforderung gestellt, einen neuen Soundtrack für „Metropolis“ zu schaffen. Es gab in der Vergangenheit viele Umsetzungen von neuer Musik auf diesen Film. Teilweise mit orchestraler Aufführung im Kino. Mit einem Electronic Soundtrack bin ich aber bisher noch nicht konfrontiert worden, was diese Art der Umsetzung sehr spannend und passend für mich macht.Was diesen Soundtrack so besonders macht, ist die Verwendung von Archivaufnahmen von Maschinen aus den frühen 20ern. Die Musiker interagieren buchstäblich mit den Maschinenklängen und verkörpern eine unerbittlich repetitive mechanische Bewegung. Die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen, nicht nur in der Filmwelt, sondern auch in der von ihnen anzitierten Musik. Industrial.
Ursprünglich wurde dieser außergewöhnliche Soundtrack für das „Sounds of Silence Film Festival“ in Den Haag geschaffen. Dort gelang es ihm, das Publikum in seinen Bann zu ziehen und die Stimmung des Films auf eine neue, intensivere und dunklere Ebene zu heben. Die Zuschauer wurden erneut mit der Frage konfrontiert, was es bedeutet, Mensch zu sein in einer Welt, in der die Technologie unaufhaltsam voranschreitet. Sich mit dieser von Lang umgesetzten Dystopie auseinanderzusetzen.
Wenn Du jetzt neugierig geworden bist und den neuen Soundtrack von Tomer Baruch und Alex Brajkovic hören möchtest, kannst du dir den kompletten Stummfilm mit eben diesem Soundtrack reinziehen oder einfach nur das Album der Beiden anhören.
Beides habe ich dir hier bereitgestellt. Viel Spaß damit.