Ein Lebenszeichen von mir.
Was war da los? Seit ein paar Tagen gab es keinen Blogbeitrag und nur auf SocM wurden Beiträge veröffentlicht. In meiner InstaStory konnte man verfolgen, was mich lahmgelegt hat bzw. nicht mich, sondern meinen jüngsten Spross. Kind 1 war gerade im Urlaub in Spanien, Kind 2 hat Sommerferien und trifft sich mit Freunden und Kind 3 lag im Krankenhaus. Oha. Ja, genau.Ein rätselhafter Patient.
Ein Kind wacht mit dickem Knie auf und kommt mit einer Gelenkentzündung in die Klinik. Das Bein schmerzte sporadisch ein paar Tage nach einem Insektenstich.Vorletzter Freitag, der 02.07.2021, war der letzte Schultag vor den Sommerferien und Nick hat schon ein paar Tage davor ein wenig Beinschmerzen gehabt. Nachts hatte ihn eine Mücke am Knie gestochen und da aber nur ein kleiner Stich zu erkennen war und dieser auch schnell wieder verschwand, haben wir nicht weiter darüber nachgedacht. Die Beinschmerzen am Folgetag schrieben wir eher "Wachstumsschmerzen" zu, welche in diesem Alter keine Seltenheit darstellen. Sporadisch meldete er die Folgetage noch mal Ziehen im Bein an, aber es war nichts ersichtlich... bis Freitagmorgen. Das Knie war dicker als auf der anderen Seite. Zur Schule wollte er noch gehen, um sein Zeugnis in Empfang zu nehmen, aber ich holte ihn umgehend nach dem Unterricht ab, um zum Kinderarzt zu fahren.
Unser Kinderarzt ist echt ein hervorragender Typ, leider seit letzten Montag im Urlaub und so hat er kein Blutbild mehr erstellt, sondern direkt eine Überweisung in die Uniklinik veranlasst. Wir packten also das Nötigste und fuhren schnell in die Klinik, denn das Knie wurde dick und heiß - ein Zeichen für eine Entzündung. Gefühlt war Nicks Knie doppelt so groß wie auf der linken Seite - da bekommt man schon ein ungutes Gefühl. Erstdiagnose: Juvenile Arthritis, eine Form von Rheuma, die bei Kindern und Jugendlichen unter dem 16. Lebensjahr auftreten kann. Mir wurde ein wenig schlecht, bei dem Gedanken mein Kind könnte mit gerade mal 9 Jahren schon rheumatisch erkrankt sein. Hoffnungsschimmer in diesem Moment: Rheuma im Kindesalter ist heilbar.
Notaufnahme.
Erstmal durch das Dickicht der Uniklinik mit einem Rollstuhl gestolpert, landeten wir in der Unfallchirurgie und dann in der Kinderklinik-Notaufnahme und zurück in der UC. Punktieren war nicht vorgesehen, sondern eine umgehende OP. Das Knie wurde mit gut 6 Liter Lösung gespült und die Entzündung abgeleitet. Knochen und Knorpel wurden nicht geschädigt. Der Eingriff verlief ohne Komplikationen endoskopisch. Der Chefarzt ein super Typ, der alle Schritte perfekt erklärte, sich Zeit nahm mit mir nach der OP noch ein paar Worte über den Befund und Verlauf zu sprechen - selten so einen guten Arzt erlebt.
Tada... nach der OP ging es durch die endlosen Flure der Klinik mit dem Kind im Bett. Eine "Schwester" (dachte eigentlich der Begriff ist obsolet) aus einer anderen Abteilung und ich, haben den Transportjob übernommen - perfekt "gestuffed" sieht halt anders aus - zumindest wurde ich gefragt, ob ich mithelfen würde. Natürlich, ist ja mein Kind und ich möchte ihm schnell Ruhe nach der OP zukommen lassen.
Auf Station angekommen war es schon echt sehr spät und da Nick gerade vor einem Tag erst 9 Jahre alt wurde, stand auch schon ein Bett für mich parat - ein Klappbett der Extraklasse, nicht. Also ich erwarte ja wirklich kein Hotelbett, aber das war schon hart - also auch das Bett. Die erste Nacht war für Nick und mich schon sehr unruhig - also mehr für mich als für ihn, denn durch die Anästhesie war er ja eh total müde. Über seinen Port bekam er nach der OP direkt eine Antibiose verpasst, welche bis zum nächsten Freitag intravenös und danach oral verabreicht wird. Alle halbe Stunde ist dann sein Pulsoximeter vom Finger gerutscht und der Alarm weckte mich auf. Bevor ich auf eine Pflegekraft wartete, schob ich lieber das Pulsoxi auf den Zeigefinger - hielt halt nur nicht so prickelnd bzw. Nick piddelte sich diesen Fingerring immer wieder im Schlaf runter. Eine echt fürchterliche Nacht, welch durch Lautstärke der Pflegerinnen und der Kids auf Station zusätzlich unterstrichen wurde. Erholen und entspannen ist da nicht.
Mikrobiologischer und pathologischer Test.
Der Insektenstich stand nicht primär im Vordergrund, sondern eher das unbeweglich entzündete Knie. In der Kinderklinik-Notaufnahme wurde schon ein Blutbild erstellt und der CRP-Wert genommen - das eine Entzündung vorhanden war, konnte man ja schon mit bloßem Auge erkennen und mit der Hand erfühlen - eine erhöhte Temperatur stellte sich auch ein.
Nach der OP wurde die "Knieflüssigkeit" (welche leicht trüb war und einen kristallinen Bereich aufwies) für einen Mikrobio- und pathologischen Test vorbereitet. In der Mikrobio konnte man nach 4 Tagen keinen Keim nachweisen, aber am 5. Tag fand man dann Staphylokokken. Da sind kugelförmige Bakterien, die zur Normalflora von Haut und Schleimhäuten beim Menschen zählen, aber auch Infektionen auslösen können. Ob die Staphylokokken nun eine Probenverunreinigung waren, was natürlich vorkommen kann (nach 5 Tagen), ist nicht auszuschließen. Grundsätzlich kann die Entzündung alles Mögliche als Ursache gehabt haben - vielleicht auch Nicks Zahnspange, welche eine kleine Eintrittswunde verursacht haben könnte.
Symboldbild deutsches Gesundheitssystem: Rollstuhl in der Kinderklinik behelfsmäßig für ein gestrecktes Knie umgebaut ^^ |
Befunde und mögliche Ursache.
In unserem Fall schließe ich ja schon fast darauf, dass wohl der Insektenstich diese Staphylokokken in die Blutbahn um das Knie befördert haben könnte - wobei gerade Kinder ja auch dazu neigen, sich Mückenstiche aufzukratzen. Im Knie ist natürlich eine perfekte Fauna für Bakterien vorhanden, es ist dunkel, feucht und wenig durchblutet - hier kann man sich schön ausbreiten und wohlfühlen. Das Problem: Eine Schädigung des Knochen- und Gewebe, kann schnell durch eine Entzündung in diesem Bereich fortschreiten und zu irreversiblen Schäden führen - daher spült man mit einer Kochsalzlösung das Gelenk ordentlich durch und entfernt festsitzende Schadkörper. Soviel kann ich also als Laie dazu schreiben und gehe stark davon aus, es entspricht den Tatsachen - ich habe halt Sozialwissenschaften und keine Medizin studiert, auch wenn ich im technisch medizinischem Kontext meine Lehre hatte. Also grundsätzlich kann man nur sagen: "es war eine Gelenkentzündung", unmittelbar konnte kein Keim entdeckt werden, später dann Staphylokokken, welche vielleicht zum Infekt geführt haben könnten. Rheuma wurde ausgeschlossen.
Um das bakterielle Risiko einer neuen Entzündung auszuschließen, gab es eine Woche lang, jeden Tag 3x eine Antibiose intravenös und nun für weitere 14 Tage oral. Der Oberarzt der Abteilung hat sich mir gegenüber so geäußert, er wolle eigentlich Nick 3 bis 4 Wochen im Krankenhaus behandeln - WTF?! Von chirurgischer Seite sah das Knie wieder sehr gut aus. Abklingende Entzündung, gute Beweglichkeit unterstützt von der Physio und keine Schädigung. Wenn es nach dem stellvertretenden Klinikdirektor gegangen wäre, so wären wir also schon am Mittwoch herausgekommen. Keine Frage, "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste", aber eine umfassende Genesung, auch was die Psyche anbelangt, kann wirklich nicht gut im Krankenhaus erfolgen. Langeweile, Schlafunterbrechung, bestimmen den Aufenthalt.
Am Donnerstag wurde dann ein erneutes Blutbild gemacht - der CRP Wert (C-reaktive Protein), war nicht besonders hoch bzw. auch gefallen - die Entzündung also überstanden.
Fazit.
Und damit wir uns nicht falsch verstehen, die Ärzte:innen und Pfleger*innen machen ihren Job echt gut. Aber Krankenhaus ist halt Krankenhaus. Und als Begleitperson ist das auch eine sehr harte Nummer. Mit Demut denke ich an Eltern mit Kids, welche eine schwere Krankheit oder Behinderung haben und verstehe ein wenig, wie es sich wohl anfühlen mag. Du bist Bespaßer, Beschwichtiger, Ermutiger, Animateur, Sprachrohr, Butler, Informationsservicepoint für dein Kind und das Personal.Ich halte fest:
- Schlafdefizit
- Nahe am Boreout
- Krankenhausessen ist nicht der Hit, schon gar nicht als Vegetarier, aber besser als in manchen Hotels ^^.
Jetzt kümmern wir uns zu Hause um die Nachsorge und versuchen die Sommerferien zu genießen. Ein Besuch im Phantasieland hat schon mal sehr gut funktioniert. Wobei wir auch noch einen Rollstuhl mitgenommen haben.