Ach, Rivers... Wird das jemals wieder was mit uns beiden? Wie sehr hing ich an deinen Lippen beim blauen Album und ganz besonders bei Pinkerton.
Das Album, das dein Innerstes nach Außen stülpte – und das irgendwie keiner gut fand. Damals.
Fans hingegen wissen schon lange, dass Pinkerton das wahre
Meisterwerk der Band ist. Unerreicht, genial und emotional. Gerade weil die
Platte kommerziell floppte, musste Rivers Cuomo wohl gedacht haben, dass die
Welt seine wahren Gefühle einen Scheiß interessiert und Partysongs einfach
besser ankommen.
Das mag für die Charts kommerziell aufgehen, aber gibt es
etwas schlimmeres, als Musik, die nicht weh tut? Die nicht fordert?
Weezer haben auf ihren nachfolgenden Alben nie wieder zur
Qualität von Pinkerton zurück gefunden. Gerade textlich war das mitunter eine
Frechheit, was dem Hörer zugemutet wurde. „Beverly Hills“, „Hash Pipe“, We are
all on drugs“ – the list goes on and on.
Nun erschien am Freitag als das mittlerweile neunte
Studioalbum „Everything will be alright in the end“ und – Oh Wunder – die
Presse überschlägt sich vor Lob. Grund genug, mir das Werk einmal genauer
anzuhören. Mit Vorsicht, denn bisher wurde ich bei JEDEM Album nach Pinkerton
maßlos enttäuscht. Also mit dem Kopfhörer aufs Fahrrad im Fitness Studio, denn
ich will mich auf die Musik konzentrieren und auf nichts anderes. Eins vorweg:
es sollte die gefühlt längste Trainingssession seit langem werden.
Gleich in den ersten 5 Sekunden der erste Bummer: eine
Sendersuche am Radio als Intro? Come on... it’s 2014. Dieses „Stilmittel“ ist
plattgetretener als der Satz „Throw your hands in the air and wave em like you
just don’t care“.
Der Titel des ersten Songs „Ain’t got nobody“ klingt
persönlich und emotional. In Wahrheit ist der Track aber nur stumpf und
langweilig. Gerade textlich, was sich durch das komplette Album zieht. Man weiß
im Grunde schon 2 Zeilen vorher, welcher Reim kommen wird. Katastrophal.
Es folgt die erste Single „Back to the Shack“, in der Rivers
der alten Zeit hinterher trauert. Die kommt aber nicht wieder, wenn man einen
miesen Song nach dem nächsten schreibt.
Dann kommt das erste Highlight: „Eulogy for a rock band“.
Auch wenn der Titel Schlimmes vermuten lässt, muss ich sagen, dass der Refrain
pures Gold ist. Die Strophen überzeugen zwar nicht, aber der Refrain reisst
echt alles raus. Weiter so, bitte.
Was? Keine Lust drauf? Dachte ich mir, denn mit „Lonely
Girl“ und „I’ve had it up to here“ folgen 2 stumpfe Rocker, die öder kaum sein
könnten.
Das witzig gemeinte „The British are coming“ hat mir im
Pre-Listening ganz gut gefallen, aber im Albumkontext ist es dann doch zu
abgefahren. Aber immer noch besser als die meisten Songs des Albums.
„Da Vinci“, Go Away“ (mit echt unangenehm peinlichem
Doppelgesang und unterirdischem Text), „Cleopatra“ und „Foolish father“
plätschern an mir vorbei, ohne dass ich mich irgendwie regen kann. So klingt
Ideenlosigkeit.
Beim Blick auf das Tracklisting bricht leichte Panik aus,
denn die letzten 3 Songs verbindet die Betitelung „I.“, „II.“ und „III.“ –
Rockoper, ick hör dir trapsen.
Aber Rivers hat tatsächlich noch ein Ass im Ärmel. Die drei
Songs – weitestgehend instrumental – triefen voller Pathos. Dem guten Pathos.
Tolle Gitarrenarbeit und endlich mal echte Emotionen. Geht doch.
Am Ende bleibt jedoch die ernüchternde Erkenntnis, dass 4
gute Songs für ein Album einfach zu wenig sind. Jede B-Seite der Pinkerton-Ära macht
deutlich, wie schwach die letzten 7 Alben sind. Und, liebe Plattenkritiker: Nur
weil ein kompletter Totalausfall wie „Beverly Hills“ fehlt, ist das Album noch
lange nicht gut.
Rivers bleibt für mich ein trauriges Phänomen. Ich glaube
fest daran, dass er es noch kann. Traut er sich nicht? Man weiß es nicht. Ich
wünsche baldige Genesung.
Zum Vergleich mal die neue Single und der vielleicht beste Weezer Song aller Zeiten (B-Seite, natürlich...)