Built on Broken Bones Vol. 1
Ja, ich stehe auf Soul. Ich mag es wenn eine gute Stimme über einen feinen Beat rollt. So auch bei Joseph J. Jones.Er hat für seine Kunst viel eingesteckt, im Boxring wie auf der Straße. Er hat in den Fußballpubs des East Ends um sein Leben gesungen, ist im Schmutz aus Hedonismus und Reue nach Inspirationen getaucht und brauchte schließlich eine Botschaft aus dem Jenseits, um den Weg zurück zu finden. Es war kein leichter Kampf, aber Joseph J Jones war immer dazu bestimmt, ihn zu gewinnen.
So sind die einleitenden PR-Worte zum Auftakt des Debüt-Albums des britischen Künstlers.
Joseph J. Jones ist gerade mal 25 Jahre jung und kann mit einem grandiosen und sauberen Album aufwarten. Der Stimme merkt man kaum seine jungen Jahre an, was wohl daran liegt, dass sie schon seit er 14 Jahre alt war ordentlich die Stimmbänder trainierte. Ja, das Künstlertum scheint dem 25-jährigen Soulsänger schließlich im Blut zu liegen. Schon sein Großvater väterlicherseits spielte sich als Jazzgitarrist für die BBC durchs Zeitalter des Swing, während seine Großmutter das Haus in Hornchurch (Essex) mit Musik füllte. Trotzdem dauerte es, bis der junge Joseph die Musik auch aktiv für sich entdeckte. Sein Leben als größte und großartigste neue Soulstimme des 21. Jahrhunderts begann halt erst mit 14 Jahren.Wir haben im Musikunterricht herumgeklimpert und Sinatra lief gerade, also habe ich ihn nachgemacht, nur so aus Quatsch. Mein Kumpel meinte: ,Oh, du hast ja eine richtig gute Stimme!ʻ Und ich so: ,Nee.ʻ Daraufhin hat er dann hinter meinem Rücken den Rest der Klasse reingeholt, damit sie mich hören. In der 9. Klasse mussten wir dann als Projektarbeit eine Aufnahme abgeben, und ich habe einfach etwas eingesungen. Die Musiklehrerin hat es gehört und entschieden, dass ich vor Publikum singen sollte. So ist alles daraus entstanden, dass mein Kumpel mich ein bisschen angeschubst hat.
Josephs musikalische Ausbildung verlief bemerkenswert chronologisch, so widmete er sich nach und nach jedem Jahrzehnt. Auf die 50er und 60er folgte mit den 70ern auch eine neuentdeckte Liebe für Joy Division, die Joseph mit 16 dazu brachte, sich eine Gitarre anzuschaffen, seine eigenen Songs zu schreiben und mit seiner klassischen Soulstimme und zweistündigen Coversets die Pubs des East Ends für sich zu gewinnen.
Ich wollte direkt und rau spielen, aber mit souligem Gesang. Ich wollte mein Handwerk lernen, und diese Auftritte haben mir dabei geholfen. Wenn man merkt, dass das Publikum nur aus einem Menschen besteht, der über seinem Bier eingeschlafen ist, kann es danach nur noch besser werden.
Eine Zeitlang versuchte Joseph, seine zarte Soulseele im Boxring abzuhärten, nach dem Vorbild seines Vaters, bis er merkte, dass er nur einsteckte, um bessere Boxer an sich vorbeiziehen zu lassen. Dinge die man halt nicht machen sollte. Oder besser schnell für sich die Notbremse ziehen muss, um zu erkennen wo das eigentliche Talent verborgen ist.
Ich erinnere mich an einen dieser Kämpfe, der Typ war dieser toughe Ire, der mich komplett vermöbelt hat. Das ist mir nicht peinlich, wir waren einfach auf verschiedenen Levels und in verschiedenen Altersgruppen, weil ich ziemlich groß war. Aber danach habe ich mir im Spiegel meine Schrammen und blauen Flecken angesehen und dachte, vielleicht bleibe ich ab jetzt doch lieber beim Singen.
Pech für Joseph, Glück für uns. Und um genau zu sein, Glück im Unglück für ihn.
Sein Gesang half ihm auch, brenzlige Situationen in den Pubs ganz ohne Schrammen zu überstehen.Ich hatte einen Auftritt in einem Pub in Bermondsey, an dem Abend, nachdem West Ham im FA-Cup-Finale gegen Liverpool verloren hatte, und ich war deshalb richtig schlecht drauf. Bevor ich anfangen sollte, kam dann dieser Typ auf mich zu und hat gefragt, was mit mir los ist und für welche Mannschaft ich bin. Ich habe gesagt, dass ich West-Ham-Fan bin, er ist zu seinen Leuten zurückgegangen und ich habe nur noch Tuscheln gehört. Ich war in einem Millwall-Pub gelandet. Ich musste also zwei Stunden lang vor Millwall-Fans singen, die mir ihre Tattoos und ihr Löwenlogo ins Gesicht hielten, weil sie wussten, dass ich West-Ham-Fan bin. Es lief aber erstaunlich gut. Am Ende hat mich einer gefragt, ob ich für 50 Pfund auf der Taufe seiner Tochter auftrete.
Nach fünf Jahren Pub-Auftritten war Joseph J Jones ein Profi darin, feindlich gestimmtes Publikum für sich zu gewinnen und kurz davor, alles hinzuschmeißen. Bis sein Großvater sich aus dem Jenseits einmischte.
Ich hatte diese Phase in meinem Leben, in der ich nicht wusste, was ich machen soll“, sagt er. „Ich habe in diesen Pubs gesungen und es irgendwann gehasst. Es will einen ja niemand wirklich hören, und ständig bekommt man nur idiotische Songwünsche nach Britney Spears oder so. Ich habe mich gefragt, was ich da eigentlich mache. Eines Abends bin ich dann vor einem Pub zusammengeschlagen worden, das hat mir den Rest gegeben. Ich hatte keinen Bock mehr. Und dann kam plötzlich diese Frau auf der Straße zu mir und meinte, sie sei ein Medium und hätte meinen Großvater Fred bei sich. Ich so: ,Wie soll das gehen? Er ist seit zwölf Jahren tot.ʻ Er hatte mich nie Musik machen sehen. Sie hat mir so viel erzählt, von dem ich nie geglaubt hätte, dass es wahr wird, wann ich meinen Plattenvertrag bekommen würde, wann ich alle möglichen anderen Sachen machen würde, was in meinem letzten Leben passiert ist. Ich war so kurz davor, alles aufzugeben. Und sie hat gesagt: ,Dein Großvater sagt, du sollst bitte nicht mit dem Musikmachen aufhören.
Ob das nun eine frei erfundene Geschichte von Joseph ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Aber sollte es so gewesen sein, dann hatte das selbsternannte Medium wohl recht behalten.
Im November 2015 unterschrieb Joseph im Alter von 23 Jahren bei Communion Records, nachdem er bei einem Pub-Auftritt in Dalston entdeckt worden war. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon einen ganzen Schwung Songs geschrieben, in denen er das Leben als Millenial in so zeitlosen wie eigenen Soul übersetzte und sich damit direkt in eine Reihe neben Sam Smith und Rag'n'Bone Man stellte.
Ich liebe Johnny Cash, und ich frage mich immer, wie man eine Zeile wie "I shot a man in Reno just to watch him die" in einen Song für die heutige Zeit übersetzen kann? Ich glaube, dass die Menschen sich heutzutage wieder nach großen Songs sehnen, und die können sie in meiner Musik finden. Ich liebe es, Geschichten zu erzählen. Ich liebe es, sie in Form meiner Songs zu erzählen und dabei diesen verdrehten, urbanen, vorstädtischen Touch zu haben. Ich will nicht versuchen, jemand anderes zu sein. Ich will, dass sich die Menschen in meinen Songs wiederfinden können. Ich bin stolz darauf, wie das Album geworden ist.Was sich jetzt erstmal großkotzig anhört, stimmt allerdings - denn wenn man sich sein frisches Album reinzieht, dann erkennt man die Qualität der Songs, den Unterhaltungswert und die Tatsache das man wieder einen richtig guten britischen Künstler hört.
Während der neun Monate, die Jones an seinem Debütalbum feilte, schlichen sich nach und nach die ersten Hörproben heraus. Im Mai 2016 erschien seine Debütsingle The Video, eine düstere Schönheit, die in klaviergetriebenem Neosoul über den Unterschied zwischen alkoholgetränkter Euphorie und der nackten Wahrheit am nächsten Morgen nachdenkt.
„Hast du dir je am Morgen danach ein Foto davon angesehen, wie du und deine Freunde komplett zerstört aussehen, und gedacht: ,Meine Fresse, was ist bloß los mit mirʻ? Nachts ist das alles großartig, man ist in solchen Momenten ja in einem ganz anderen Zustand, aber im Rückblick sieht es nicht mehr so aus.“
Während The Video sich Jones' ruhiger und nachdenklicher Seite widmete, zeigte Whisper To A Hurricane, das im September auf der Hurricane EP erschien, dass in ihm auch ein Fan von Kanye und den Gorillaz steckt, der Spaß daran hat, klassischen Soul mithilfe von Clubland-Beats ins Jetzt zu locken.
Während The Video sich Jones' ruhiger und nachdenklicher Seite widmete, zeigte Whisper To A Hurricane, das im September auf der Hurricane EP erschien, dass in ihm auch ein Fan von Kanye und den Gorillaz steckt, der Spaß daran hat, klassischen Soul mithilfe von Clubland-Beats ins Jetzt zu locken.
Die Zusammenarbeit von Bobby Womack und den Gorillaz war unfassbar. Ich bin schon immer riesiger Fan von diesem elektronisch-erdigen Soulzeug.
Nun schreiben wir das Jahr 2018 und die schöne traurige Soul-Songs mit derben cockney kommt halt gut an. Wer also auf George Ezra oder Rag’n’Bone Man steht, der wird Joseph lieben. Der letzte Soulsänger aus UK der es mir mächtig angetan hat war übrigens Jacob Banks. Vielleicht sollten diese beiden jungen Briten mal gemeinsam etwas umsetzen. In der Zwischenzeit höre ich mir das Minialbum "Built on Broken Bones Vol. 1" , welches heute veröffentlicht wurde an und warte auf das zweite Minialbum "Built on Broken Bones Vol. 2", welches im Frühjahr 2019 kommen soll.