It Was a Good Day.
Ich schalte das Radio an und denke, ich höre nicht richtig: Den Song kenne und liebe ich und nun wird er in eine Werbung gepresst. Kann doch nicht deren Ernst sein. Deplatzierter geht es kaum noch. Schätze, der Praktikant der antoni Holding Lead Agentur für Aldi durfte vielleicht ran. Vielleicht gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Hä? Wie meine ich das denn jetzt wohl? Nun...... der Reihe nach.
Im Jahr 1992 betrat Ice Cube mit einem Sample von "Footsteps in the Dark" von den Isley Brothers sein Home-Studio und werkelte an einem neuen Song. Der Song soll den Namen "It Was a Good Day" tragen, denn Cube befand sich auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Karriere. Alle seine Wünsch und Ziele hatte er erreicht. Er befand sich an der Spitze des Rap-Games, hatte ordentlich Geld und Respekt. Es ging ihm fabelhaft.And I remember thinking, 'Okay, there's been the riots, people know I will deal with that. That's a given. But I rap all this gangsta stuff—what about all the good days I had?
Reflektiert schrieb er in einem Hotelzimmer euphorisch sein Leben, das Leben eines Afroamerikaners Anfang der 90er auf und pflegte einen guten Tagesablauf aus seiner Sicht ein. Keine Unruhen und Tote, nicht von den Cops angehalten und überprüft zu werden, weil man Schwarz ist, guten Sex und Essen. Ein guter Tag.
Sein verwendetes Sample von den Isley Brothers unterstrich die Leichtigkeit und wurde von DJ Pooh in der Nachproduktion mit dem "Sexy Mama" Sample der "The Moments" ergänzt. Der perfekte Song zu einem perfekten Tag war fertig und wurde Ende Februar 1993 auf dem Album "The Predator" veröffentlicht.
Bei der Ausführung des Tages, geht es laut Cubes Aussage um kein genaues Datum, es ist eher eine Ansammlung verschiedener guter Momente aus Cubes Leben - auch wenn es im Netz genug Theorien zu finden gibt, welcher Tag gemeint sein könnte - das Ding ist Fiktion.
Und wenn der Song auch eine entspannte Wohlfühlatmosphäre versprüht, muss man sich mit den Gegebenheiten der Zeit auseinandersetzen. 1992.
Thema: Rassismus in den USA. Polizeigewalt, gerade gegen Schwarze, war zu dieser Zeit (92) auch wieder auf einem Höhepunkt. Der Fall Rodney King, welcher von vier Polizisten in L.A. misshandelt wurde (sie wurden freigesprochen, zwei von ihnen später in einem weiteren Verfahren schuldig gesprochen), löste eine Welle der Empörung aus, welche in Gewalt mit bürgerkriegsähnlichen Zuständen umschlug. Um die 800 Gebäude gingen in Flammen auf. South Central, war eh ein Pulverfass, da Arbeitslosigkeit und Armut weit verbreitet war. Kriminalität und Bandenwesen waren Ausdruck der Probleme, die L.A. Cops agierten quasi wie eine Besatzungsmacht im Bezirk South Central.
... Picked up a girl been tryna fuck since the twelfth grade
It's ironic, I had the brew, she had the chronic
The Lakers beat the Supersonics
I felt on the big fat fanny
Pulled out the jammy, and killed the punanny
And my dick runs deep, so deep, so deep put her ass to sleep
Woke her up around one
She didn't hesitate, to call Ice Cube the top gun (yeah)...
Cube war sich dessen bewusst, da er im Süden L.A.s, in Baldwin Hills lebt. Auch wenn Baldwin Hills als Black Beverly Hills bezeichnet wird und zu einer eher wohlhabenderen Gegend zählt, ist South (Central) Los Angeles und die angrenzenden Gemeinden die Geburtsstätte des Westcoast-Hip-Hop und in Cubes Songs als Gangstarapper immer ein Thema. South Los Angeles gilt als einer der gefährlichsten Bezirke von Los Angeles, und Cube wuchs hier auf.
Wenn Cube also zu dieser Zeit so einen Song schrieb, dann war das in Hinblick auf sein Karrierehoch und ein Rückblick auf die Dinge, welche er erlebt und was Schwarze in den 90ern erlebt haben. Und wenn heute, 30 Jahre nach der Entstehung des Songs, eine deutsche Discount-Einzelhandelskette diesen Song in einer Osterwerbung aufgreift, dann mag das sicher kurzzeitig als Reminiszenz an alte Hiphop-Tage aufblitzen, doch ist so awkward wie ein Nagel im Fuß. Denn die eigentliche Thematik des Songs wird ad absurdum geführt.
Wenn Cube also zu dieser Zeit so einen Song schrieb, dann war das in Hinblick auf sein Karrierehoch und ein Rückblick auf die Dinge, welche er erlebt und was Schwarze in den 90ern erlebt haben. Und wenn heute, 30 Jahre nach der Entstehung des Songs, eine deutsche Discount-Einzelhandelskette diesen Song in einer Osterwerbung aufgreift, dann mag das sicher kurzzeitig als Reminiszenz an alte Hiphop-Tage aufblitzen, doch ist so awkward wie ein Nagel im Fuß. Denn die eigentliche Thematik des Songs wird ad absurdum geführt.
Ja, ich feiere den Song und habe das immer schon getan.
Aber was Aldi betrifft, so hat dieser Track nichts in der Kampagne verloren. Soviel Hintergrundwissen hätte ich den Marketeers doch schon zugetraut.
Hätte man doch besser einfach nur "Footsteps in the Dark" benutzt. Tja, das ist also die Geschichte hinter "It was a Good Day" und was daraus entstand. Sicher mag man das anders sehen und vielleicht interpretiere ich einfach zu viel rein, aber mir gefällt die Mischung überhaupt nicht, da sie so unachtsam war. Und hey, ich mag Aldi eigentlich und ich nicke auch direkt mit dem Kopf, wenn die Werbung läuft, aber es fühlt sich nicht nur falsch an - es ist falsch. Frohe Ostern.
Rant Ende. Mic Drop.
Nachtrag:
Die charmante Antwort von ALDI Süd:
Die charmante Antwort von ALDI Süd:
Mein Vorschlag zu Weihnachten: 2Pacs "Hail Mary" und zum Freitags-Sale... ganz klar "Friday" von ice Cube ^^
Dranbleiben ALDI Süd. 😶
Titelbild: Ice Cube "Ice Cube is from the west coast." (CC BY-NC-ND 2.0) von dsbartholow