Kendrick Lamar zeigt mit „Squabble Up“ erneut seine Meisterschaft im visuellen Storytelling.
Selbsttherapie mit Community-Therapie und Black-Music-Culture in einem Musikvideo durchgespielt.Ohne Vorankündigung hat Kendrick Lamar sein neues Album „GNX“ veröffentlicht und allein in den ersten 48 Stunden Streams in dreistelliger Millionenhöhe auf Spotify gesammelt. Zwei Jahre nach „Mr. Morale & the Big Steppers“ meldet sich der 37-Jährige mit zwölf frischen Tracks zurück, die den klassischen Westcoast-Sound in die Gegenwart holen. Es ist sein erstes Album nach dem Ende seines Vertrags mit Top Dawg Entertainment, nun veröffentlicht über pgLang und Interscope. Der Titel „GNX“ verweist auf den Buick Grand National Regal GNX, der ab 1987 gebaut wurde und auf dem Cover des Albums zu sehen ist. Aber lasst uns die aktuelle Single-Auskopplung direkt mal beleuchten, denn da steckt eigentlich alles schon drin, was dieses Album ausmacht.
Das von Calmatic inszenierte Video ist ein faszinierendes Kaleidoskop der HipHop-Kultur aus der Perspektive von Kendrick. In einem schlichten grünen Raum, der an „The Next Movement“ von The Roots erinnert, entfaltet sich eine komplexe Choreografie kultureller Referenzen. Lamar, gekleidet in einem Dodgers-blauen Hoodie, bewegt sich durch verschiedene Szenen, während über ihm teilweise die symbolträchtige afrikanisch-amerikanische Flagge von David Hammond thront.
Der Clip ist gespickt mit Elementen der Street Culture: Lowrider, präzise C-Walk-Tanzeinlagen und Referenzen an klassische Gangsterfilme wie „Menace II Society“. Humor blitzt auf, wenn Kendrick ein Buch mit dem Titel „How to Be More Like Kendrick for Dummies“ liest.
Musikalisch liefert der Track dabei eine Neuinterpretation von Debbie Debs „When I Hear Music“ aus den Achtzigern.
Der Track "When I Hear Music", also die Samplegrundlage für Kendricks neuen Song, repräsentiert eine einzigartige Verschmelzung von Black Freestyle-Elementen mit lateinamerikanischen Einflüssen. Diese musikalische Fusion macht Kendricks Sample-Wahl besonders bedeutsam, da sie die Vielfalt der amerikanischen Musikgeschichte widerspiegelt. Die Geschichte des Songs offenbart aber auch die Schattenseiten der Musikindustrie der 80er Jahre: Für nur 75 Dollar produziert, wurde der Track zu einem kommerziellen Erfolg, während die Künstlerin Debbie Deb kaum von diesem Erfolg profitierte. Kendrick Lamars bewusste Verwendung dieses Samples kann als Kommentar zur anhaltenden Ausbeutung in der Musikindustrie verstanden werden.Song Information
Kultureller Einfluss
Einflussreich für:
Industrie-Realität
Kendrick Lamar Referenz
Kulturelle Bedeutung
Die aktuelle Produktion von Sounwave und Jack Antonoff verschmilzt Old-School-Vibes mit modernem Sound und referenziert dabei Black Music über Jahrzehnte hinweg. Wie immer bleibt Kendrick dabei hart sozialkritisch bzw. hinterfragt sich und die Gesellschaft, in der er sich befindet – das ist mitunter harter Tobak, wenn man es in der Retrospektive betrachtet. Dass so ein Musikvideo in der aktuell politischen Situation noch mehr Impact aufweist, feiere ich dabei sehr.
Mit dem Schild „Jesus Saves Gangsters Too“ und der Darstellung von Gang-Mitgliedern, deren Gesichter unkenntlich gemacht wurden, spricht Lamar eine gesellschaftliche Realität an. Ein subtiler Verweis auf die Compton Christmas Parade unterstreicht seine tiefe Verbundenheit mit seiner Heimatstadt und wirkt surreal zynisch. Was hat sich in all den Jahren im Schmelztiegel Compton geändert? Was hat sich in der Black Community geändert bzw. was passiert gerade generell in den USA und warum gibt es immer noch Rassismus und Polizeigewalt. Alles latente Fragen, die mitschwingen.
Die künstlerischen Referenzen begeistern:
von Ice-Ts „Power“-Album über E-40s „In a Major Way“ bis hin zu Isaac Hayes, Nate Dogg und Mac Dre. Ob durch eine überdimensionale CD oder subtile visuelle Details – Lamar schafft es, Geschichte und Zukunft der Hip-Hop-Kultur in einem Werk zusammenzuführen und hinterfragt dabei auch das Selbstbild einer Community. Das Video trifft mich wirklich in Mark und Bein und so sehr ich auch die Referenzen feiere, verstehe ich auch, was der Anspruch dahinter und wie es zu betrachten ist. Und auch wenn ich Lamar selten höre, sehe ich den großen Künstler in ihm und was er nicht nur für die Musik macht.
Zusammenfassend lässt sich also schreiben, dass Lamars Musikvideo eine kraftvolle Reflexion über die Herausforderungen der Black Community darstellt und gleichzeitig eine Form der Therapie für ihn und uns als seine Zuhörer bietet.
Hut ab... was für ein Video.