Wir haben 12h und ich könnte mir gefühlt einen Gin-Tonic neben den Rechner stellen.
Homeschooling am 2. Tag des Jahres 2021. Alles muss sich eingrooven, auch die Server. Der Distanzunterricht, in meinem Fall mit zwei schulpflichtigen Kindern - Grundschule und Gymnasium. Beide Schulen haben nun als digitale Lernplattform iServ eingerichtet.
Die Grundschule nutzt die Plattform bisher nur für getimte Videokonferenzen - aufgeteilt in Gruppen und 1x in der Woche. Ausgeteilte Wochenpläne, welche wir Eltern uns an am Montag an der Schule abholen durften, werden dann in der Woche abgearbeitet. Die Klassenlehrerin stand mit Maske am Klassenfenster, wie an einer Imbisstheke und verteilte die Aufgaben. Ich nahm das kleine Paket entgegen - trug eine FFP2 Maske - bedankte mich kurz und ab nach Hause. Dort saß mein jüngster Sohn noch alleine am Frühstückstisch, da der Mittlere schon in der ersten Videokonferenz war. Tisch abgeräumt und nach Plan die Aufgaben bearbeitet. Viele Fragen an mich gerichtet, was ganz klar ist, da man nun noch mehr Lernbegleiter ist, als sonst schon im Alltag ohne Pandemie. Oh wie süß doch die Weihnachtsferien waren - lange ausschlafen, Spaziergänge und Entspannung - die Ruhe ist vorbei und jetzt geht es rund.
Der Distanzunterricht an unserem Gymnasium läuft hauptsächlich über ein virtuelles Klassenzimmer ab -Lehrer wählen sich ein und kommunizieren Face to Cam mit den Kids bzw. spiegeln ihren Rechner und zeigen die Aufgaben bzw. Lehransätze. Der Unterricht findet nach Stundenplan statt. Solange der Server stabil läuft und der Unterricht nicht in Gruppen, sondern mit der ganzen Klasse stattfindet, läuft das aus meiner Sicht rund. Wenn aber Gruppenphasen eingeläutet werden, ist Selbstdisziplin bei den Kids gefragt, da diese Gruppenräume bisher noch nicht mit einem Admin also Lehrer versehen sind. Schnell driften die Gespräche ab und statt Lehrstoff ist Among Us und Brawl Stars ein Thema. Schwierig, wenn dein Kind eigentlich den Stoff umsetzen möchte und dann derbe abgelenkt wird. Auch technische Hürden in Form von - wie schaltet man die Präsentation auf Vollbild - Klassenkameraden quasseln nur und der Rechner muss stumm geschaltet werden - sind noch zu bewältigen.
Man stellt fest, vieles läuft schon recht gut - aber es ist sehr viel Luft nach oben. Die Stadt Wuppertal hat schon im Vorfeld die Hardware aufgerüstet und weitere Serverbestellungen stehen noch aus. Dieses Serverupgrade ist auch bitter nötig, da iServ aktuell in Peaks aussteigt.
Es gibt vom Gymnasium schon einen Guide, ein Regelwerk zu Einwahlen und Workarounds bei Problemen. Als Elternteil ist man natürlich die ganze Zeit mit einem Auge und Ohr bei der Sache und muss interagieren, intervenieren und schnell versuchen die Probleme zu fixen - das ist am heutigen Dienstag schon echt stressig. Ich zerreiße mich förmlich und komme kaum zu anderen Dingen, wie Haushalt, Hund, Telefonaten oder gar den Blog - naja, ich schreibe es mir ja gerade von der Seele, während ich mit meinem mittleren Sohn über den aktuellen Deutsch-Unterricht - der nur per Aufgabe ohne Videokonferenz stattfindet - diskutiere. Die Aufgabenstellung ist zwar klar definiert, er setzt sie aber leider anders um. Oft ist es für die Kids schwierig den Aufgaben folgen zu können. Das führt zu Frust bei Kindern und Eltern. Und auch wenn Phil dann der Ansicht ist, er hätte alles im Griff, so sehe ich das persönlich noch mit Zweifel. Die Situation ist echt nicht einfach und die Kinder benötigen dabei doch sehr viel mehr Hilfe, als im Präsenzunterricht. Dies als Elternteil aufzufangen, ist neben den Alltagsaufgaben, schon eine Nummer für sich.
Zwischenzeitlich erreichen mich Anrufe. Betroffene Eltern fragen mich, ob und wie man auf iOS Geräten iServ Videokonferenzen beitreten kann - Kann man, wobei als Hauptbrowser Safari eingerichtet bleiben muss. Sobald man, wie ich es tue, auf Chrome setzt, gibt es Probleme. Da sind wir wieder bei den technischen Problemen, der Infrastruktur und der Endgeräte. In unserem Haushalt sind heute 2 Chromebooks, ein iPad und ein MacBook im Einsatz. Der iMac hat gerade Pause. Smartphones werden u.a. für die Kommunikation zwischen den Schülern - hier setzt man auf WhatsApp - genutzt, da dort über iServ Downtimes geschrieben wird, wenn nicht die wichtigen Online-Spiel-Infos ausgetauscht werden.
Wenn also alles läuft, dann läuft es auch rund - Unterricht im virtuellen Klassenzimmern klappt - aber es muss regelmäßig von den Eltern "überwacht" bzw. "kontrolliert" und "geführt" werden.
Nicht weil die Kids sonst andere Dinge machen, sondern weil technische Problem die Kinder überfordern könnten und Lösungswege nicht direkt ersichtlich sind. Ich hoffe nun auf ein schnelles Aufstocken der Server und das die Grundschulen auch den Video-Distanzunterricht aufnehmen werden. Wochenarbeitsblätter hätte ich auch gerne, zum Schutz der Lehrer(in), per Mail. Soweit so gut. Ich muss jetzt wieder schauen, was der Server macht und dann müssen die geleisteten Arbeiten noch abgescannt und hochgeladen werden.
Heute ist netterweise nur ein kurzer Schultag - aber dann wartet auch schon der Gitarrenunterricht - per Zoom - der erfreulicherweise sehr gut im Lockdown funktioniert. Gestern Abend, nachdem gegen 21h die letzten Latein-Aufgaben eingereicht wurden, haben wir schon das Mittagessen für heute vorbereitet - eine weise Entscheidung. Das bedeutet ein wenig Entspannung ab 16h. Ach nee... dann muss noch ein wenig im Haushalt gemacht werden....
Klingt nach MiMiMi... aber alles muss sich erstmal wieder finden und einpendeln. Und du glaubst nicht wie die Kids gerade schimpfen, weil sie die Mittags-Hunderunde drehen müssen - ein wenig Bewegung sollen sie ja schließlich auch noch bekommen und ich muss mal durchschnaufen - was war eigentlich mit dem Gin? So schlecht war die Idee doch gar nicht ;)
Es läuft ja einigermaßen... und mir ist klar, wofür wir das machen und ich halte die Maßnahmen für absolut richtig.