Habe ich eigentlich schon erwähnt, wie gut eine kleine Auszeit tut?
Jetzt habe ich es zumindest mal erwähnt, während ich hinter einem Deich vor unserem Zelt sitze und in mein Chromebook tippe. Dank Photovoltaik wird sowohl das Smartphone, als auch das Chromebook dabei geladen, denn die Sonne scheint heute vom Feinsten. Das war nicht die ganze Zeit so, wir mussten auch durch einen derben Starkregen durch... schrieb ich einen?! Quatsch... mehrere, denn das Wetter ist auch an der Küste wie im April.So stand unser Zelt zwar strategisch günstig was das Wetter anbelangt, ich achte darauf immer sehr und spanne es auch immer gut ab, doch nach gut 5 Stunden Starkregen war am nächsten Morgen vor unserem Zelt ein See. Ich übertreibe hier nicht, das Vorzelt und die Bodenwanne fühlten sich wie ein Wasserbett an. Unser Zelt ist Tropen-sturmsicher ;). Kein Shice, alles war trocken und blieb auch so.
Auch wirklich kalt war es bisher nicht, wenn auch der Regen ein bisschen das Thermometer nach unten zieht und so sitzen wir bis zum frühen Abend noch im T-Shirt am Meer und erst dann muss der Pulli oder die leichte Jacke herhalten, bevor es in den warmen Schlafsack geht.
Da kann man, wie wir es aus England gewohnt sind, auch mal ein kleines Lagerfeuer vorweg wagen. So bietet sich hier ein kleiner Holzvergaser an, um ein paar Marshmallows zu rösten. So kann man es aushalten. Der kleine "Campingkocher" hat sich also schon amortisiert, denn er kostet gerade mal um die 20€ und benutzt als Brennstoff Holzfindlinge, Treibgut, trockene Blätter, Stroh...Reisig halt. Im Gegensatz zum Lagerfeuer wird der kleine Stahlzylinder umgekehrt geschichtet. So kommen dickere Stücke nach unten in die Brennkammer und die leichteren und kleineren nach oben, bis zum Feuerstarter, dem Reisig. Das Holzgas sorgt dann für die Flamme und der Brennprozess findet also umgekehrt statt. Einfaches System, gerade mal auseinandergebaut so groß wie ein Campingtopf (und passt da auch rein), besteht es aus Edelstahl und kann, bis zum Rand gefüllt, locker 30 Minuten ohne Nachlegen brennen. Über einen kleinen Ausschnitt am oberen Rand, kann man kleine Zweige, Äste, nachlegen. Ich bin auf jeden Fall begeistert von diesem Gadget und frage mich, warum ich nicht schon früher so ein Ding gekauft habe. Also Holzreste am Strand sammeln, in die Brennkammer schichten und an einer feuerfesten Stelle aufstellen und schon könnte man seine Suppe kochen, Wasser erhitzen oder mit einer kleinen Bratpfanne sein Spiegelei braten. Auch ein Mini-Grillrost war dabei (eher ein Gimmick), wobei ich höchstens Nürnberger-Rostbratwürstchen darauf erhitzen, wenn ich noch Fleisch essen würde. Warum ich so ausgiebig darüber schreibe, ist wohl der Situation geschuldet, dass man nicht ohne weiteres überall ein Lagerfeuer machen darf, es für mich aber zu einem Camping-Urlaub existenziell dazu gehört.
Morgens ein heißer Kaffee am Strand, ich habe mir für knapp 7€ inkl. Versand ein Edelstahlfilter geordert. Bohnen male ich frisch, blooming und aufbrühen, direkt in die Tasse - da ich der einzige Kaffeetrinker bin, reicht das also. Wer also keine Probleme mit ein wenig Kaffeesatz in seinem Heißgetränk hat, einen starken schwarzen Kaffee bevorzugt, der sollte so ein Ding besitzen - ich feiere es total.
Ja, Feuer und Kaffee, ist wichtig. Strom auch?
Meinen Strom beziehe ich autark aus kleinen Photovoltaik-(Solar)-panelen - nix richtig dolles und da werde ich in Zukunft noch investieren. Aber gerade lade ich ja meine Workstation durch Sonnenkraft und schreibe dir diese Zeilen. Für gut 700€ bekommt man aber echte mobile Kraftanlagen mit 100 Watt Panele und einem Akkupack mit Lithium-Ionen-Batterie und 518 Wh reinem Sinuswellen-Wechelstromausgang. Gerade wenn man autark sein möchte, dann ist so ein Gerät sicher eine sehr gute Lösung für die meisten Anwendungen... Smartphone laden, Laptop laden, Kamera laden, ein wenig Licht (wobei unsere USB-LED-Lampe mit Dynamo auch echt cool ist. Aber seien wir mal ehrlich: Wie viele elektrische Verbraucher muss man zum Camping mitnehmen? Höchstens ein Smartphone für den Notfall. Okay, ich bin addicted - aber bis auf heute, habe ich mich ordentlich im Griff gehabt - nur mal hier und da ein Foto in meine Instastory. Mal ganz weit raus?
Gerade haben wir noch ein Trio verabschiedet, welche aus dem Wahlheimatsort von Janice Onkel kommen. Lustige Kniffelabende und nette Gespräche.. jenseits von Wohnmobilen und Spießercampern, trifft man auf reinen Zeltplätzen immer wieder mal nette Menschen. Wobei wir aber auch gerne unter uns sind und die Ruhe und einen gewissen Grad an Autonomie genießen. Genug Trubel und Menschen habe ich in Zeiten der Pandemie um mich herum. So im Freien und mit wenigen Kontakten, fühle ich mich, auch wenn ich komplett durchgeimpft bin, wesentlich wohler. Ich bin auch zum Entschluss gekommen, dass wir mal richtig in die Wildnis fahren müssen. Aber dafür muss ich dann vorher mal mehr auf- und ausrüsten und sicher wird es noch ein paar Jahre dauern. Aber nachdem wir ein Pärchen getroffen hatten, welche gerade in Schweden unterwegs waren, lässt mich der Gedanke daran nicht los.Hope Street.
Diese Auszeit habe ich auch endlich mal wieder dazu genutzt ein echtes Buch zu lesen.. ja, mit Seiten aus Papier, mit einem gewissen Gewicht in der Hand und es war mehr als unterhaltsam. Campino, der Sänger der Toten Hosen hat ein Buch geschrieben "Hope Street: Wie ich einmal englischer Meister wurde.". Ein Bestseller und das zu Recht. Andreas Frege, so Campinos bürgerlicher Name, wurde 12 Jahre vor mir geboren und mir kommen viele seiner Erzählungen bekannt vor. Als Wuppertaler, hat man eh viel Bezug zur Landeshauptstadt Düsseldorf und auch seine alte Heimat Mettmann Metzkausen (dort hatte ich mal eine "Freundin" ^^), sind mir vertraut. Seit mehr als 20 Jahren arbeite ich regelmäßig in Düsseldorf. Freges Musikgeschmack der vergangenen Tage, deckt sich mit meinem - wobei SKA, Punk, Mod und Northern Soul eher zu meiner Sozialisation beigetragen hatten. England war für mich durch die Musik präsent und immer ein Wunschziel. Heute bin ich mit einer Halbengländerin verheiratet und England gehört zu unserem Lieblings-Reiseziel. Wir wollten eigentlich 2020 eine Rundreise durch England machen und von London aus in den Norden nach Leed fahren, dort Janice Granny im Altenheim besuchen und mit unserem Zelt dann wieder über die Ostküste zurück nach Dover ziehen - es kam bekanntlich anders und die Granny verstarb auch noch im Herbst an Corona. Alles sehr tragisch. Sie konnte aufgrund der Tatsache, dass UK zum Hochinzidenzgebiet und Virusvariantengebiet ernannt wurde, erst kürzlich von meinen Schwiegereltern beigesetzt werden - da eine Reise von Deutschland nach England zu dieser Zeit gut überlegt werden muss und aus meiner Sicht auch nur mit vollständigem Impfschutz (EU Impfung sorgt aktuell an der Grenze noch für Diskussionen) erfolgen sollte. Meine Schwiegereltern warteten also lange genug, um Abschied zu nehmen. Zum 100 Geburtstag der Tante meines Father in Law, konnte er schon nicht vor Ort sein und traf Conny dann erst bei der Beerdigungszeremonie wieder.Ich überlege wirklich, ob es vielleicht besser für uns war, Janice Granny nicht mehr getroffen zu haben, da sie stark dement war und uns eh nicht mehr erkannt hätte. Aber ein echter Abschied von ihr fehlt, das merke auch ich. In Leeds waren wir schon Jahre nicht mehr und dabei ist das der Bezug, der englische Halt meines Schwiegervaters. Ich könnte jetzt richtig weit ausholen, aber dann würde es schon für ein Buch ähnlich dem von Campino reichen, minus Fußball. Minus Fußball deshalb, weil ich, auch wenn mein Großvater ein großer Fußballfan war, nie mit diesem Sport warm wurde. Ich mag aktiv spielen, spiele nicht gut, kann aber ausdauernd laufen, trage aber nicht diesen Fandom in mir. Durch "Hope Street" habe ich zumindest ein wenig diese Art der Leidenschaft verstanden, auch wenn ich sie für mich nicht benötige - da mein Blog genau das für mich ist, was für Fußballfans ihr Verein. Verrückt - man ist süchtig.
Jetzt habe ich wieder kreuz und quer geschrieben und meine Frau fragte mich auch gerade schon was ich hier mache - "du wolltest doch mal entspannen und nichts schreiben". Stimmt, aber es fühlte sich gerade so danach an, als ob ich diesen Sonnentag auch am Laptop mit freiem Oberkörper und kurzer Hose, genießen könnte. Und ja, bisher tat es gut ein wenig zu tippen.
Was mir noch durch den Kopf geht:
Gleich ans Meer zu gehen und ins Meer.Eine Liste zu schreiben, was wir noch zum Camping optimieren können.
Zu hoffen, bald wieder in England rumreisen zu können.
Bald geht es hier im Atomlabor natürlich wieder rund - wie gewohnt... täglich.